Auf den Schildern stand u.a.
- Liebesgrüße nach Istanbul!
Solidarität mit den streikenden Tekel-ArbeiterInnen! - Kohle her!
Für ein würdiges Leben.
Für ein bedingungsloses Grundeinkommen! - Kopfpauschale nie und nimmer!
Für eine kostenlose und würdige Gesundheitsversorgung! - Freie Fahrt für freie Menschen.
Nulltarif bei Bahn, Bus und Schwebebahn - Recht auf Stadt!
Rettet die Theater und Schwimmbäder… - Hartz IV muss wech!
Ein bedingungsloses Grundeinkommen muss her!!!
Leider wurden nach der Aktion solidarische Passanten später von einer Bullenarmada bis 18:30 Uhr aufs Polizeipräsidium verschleppt.
Wir sind das FEUER!
Recht auf Stadt und Land…
Die Überflüssigen eröffnen die Kulturhauptstadt!
Wir melden uns live vom kohlschwarzen Teppich in der Zeche Zollverein.:
Verehrte Anwesende, liebe prekäre Kolleginnen und Kollegen, Taschendiebe und Schneeräumer.
Wir sind die Überflüssigen und feiern heute die Eröffnung der Kulturhauptstadt auf unsere Weise.
Wir protestieren hier im 5 Jahr von Hartz IV gegen die unwürdigen Lebens- und Arbeitsverhältnisse in diesem reichen Land. Den „Ehrengästen“ aus Politik und Wirtschaft rufen wir zu: Ihr seid hier überflüssig!
Wir sind die Hartz IV-EmpfängerInnen, die in den ARGEN und Jobcentern gezielt gedemütigt werden. Wir sind die Kurzarbeiter, die großen Sorgen um ihrer Arbeitsplätze haben, wir sind die prekär Beschäftigten mit Niedriglohn und die Ein Euro Jobber!
Wir sind unbezahlten Praktikanten und „Freiwilligen“!
Wir sind die schlecht bezahlten freien Künstler und Schauspieler,die hier von der Kulturhauptstadt zuerst gegeneinander ausgespielt, und dann vernutzt und ausgebeutet werden.
Diese Kulturhauptstadt ist überflüssig
Wir wenden uns mit unserer Aktion gegen eine Kulturpolitik, die nur noch kapitalistische Standortpolitik ist. Während die finanzielle Unterstützung für die normale kulturelle Infrastruktur für die Theater und freie Kulturszene überall heruntergefahren wird, zerstört die Festivalisierung im Ruhrgebiet langfristig die erkämpfte kulturelle und soziale Infrastruktur.
Für eine kurzlebige Show wurden Millionen investiert, gleichzeitig sind fast alle Ruhrgebietsstädte pleite, in Essen muss mangels Kohle sogar eine Grundschule geschlossen werden. Mitten im Ankündigungsgetöse des Spektakels droht einigen Theatern das Aus – weil die Städte überschuldet sind. In Wuppertal z.B. steht das Schauspiel vor dem Aus. Über die Bühnen von Hagen, Essen und Oberhausen wird diskutiert.
Das Kulturhauptstadtspektakel verdrängt mit viel Geld die soziale Realität aus Massenarbeitslosigkeit, Niedriglohn und Kinderarmut. Das Versprechen, die sog. Kreativitätswirtschaft würde mit ihren Wachstumsraten auch die ehemaligen Nokia- und OpelarbeiterInnen von der Strasse holen, ist lächerlich. Die Erwerbslosenquote liegt im Ruhrgebiet mit über 10 % deutlich über dem Bundesdurchschnitt, und in einigen Städten wie z.B. Gelsenkirchen erreicht sie zeitweise fast 18 % . Die Armut konzentriert sich in bestimmten Stadtvierteln, schon lange gibt es Armutsquartiere, in die „die Überflüssigen“ abgeschoben werden und in denen eine verfestigte soziale Benachteiligung im Straßenbild sichtbar ist. Erschreckend ist auch die im Vergleich mit anderen Regionen auffallend geringe durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen im Ruhrgebiet.
All das kommt in den langweiligen Metropolenträumen der Kulturhauptstadt nicht vor. Die Selbstinszenierung von Maloche, Schweiss, von schlechtem Bier und Grönemeyer soll die realexistierende Klassengesellschaft und die lange Geschichte von Widerstand und Klassenkämpfen unsichtbar machen. Ausbeutung und unwürdige Lebensverhältnisse, Nazibanden in Dortmund und rassistische (Polizei) Gewalt sind in der schönen neuen Welt der Kreativitätwirtschaft nur ein hippes Bühnenbild für die Kulturevents. Wir müssen daher wieder sichtbar werden mit unseren Wünschen und Vorstellungen von einem ganz anderen Leben!
Lasst uns gemeinsam für eine soziale und kulturelle Infrastruktur kämpfen, die nicht abhängig von der Großzügigkeit und Kulturbeflissenheit von reichen Gönnern ist. Kostenloses Schulmittagessen, öffentlich finanzierte Theater, Freie Kultur und Museen, ein kostenloserr öffentlicher Nahverkehr, kostenlose Kita-Plätze bis zum gebührenfreien Studium sind keine Luxusforderungen, sondern der Anspruch auf gesellschaftliche Teilhabe. Schlagen wir die Angriffe der FDP-CDU-Regierung zurück, die Reste der paritätisch finanzierten Gesundheitsversorgung durch die Kopfpauschale zu zerschlagen. Verjagen wir die Hartz IV-Schnüffler und kämpfen wir für ein bedingungsloses Grundeinkommen!
Recht auf Stadt
„Uns gehört die Stadt“, diese alte Parole aller sozialen Kämpfe gilt es wieder zu beleben. Gegenwehr und Aufbau neuer solidarischer Strukturen gehören zusammen. Wir halten es mit dem Intendanten des Tanztheaters in Mexiko-City John Holloway „Wir bitten niemandem um etwas, vielmehr erschaffen wir hier und jetzt unsere kreative Aufsässigkeit, indem wir so weit wie möglich die Momente und Räume ausweiten, in denen wir sagen: Nein, wir beugen uns nicht den Anforderungen des Kapitals, wir werden etwas anderes machen, wir werden die Selbsthilfe fördern, die Kooperation, die Erschaffung gegen das Kapital. Es ist nicht leicht, es ist nicht offensichtlich, aber dies ist die Richtung, in die wir uns bewegen müssen, die wir erkunden müssen. Mit Wut, aber mit einer Wut, die andere Perspektiven eröffnet, die andere Dinge erschafft, eine Wut der Würde. (aus dem Grußwort von John Holloway)
Auf diese Wut setzen wir. Selbstorganisierung und Selbstermächtigung sind auf lange Sicht die einzige Perspektive den Zumutungen zu entfliehen und was Neues aufzubauen!
Jahr des Aufstands?
Wir begehen dieses Jahr auch den 90. Jahrestag der Märzrevolution, dieser einzigartigen Aufstandsbewegung gegen den Kapp-Putsch und für eine soziale Revolution im Ruhrgebiet und im Bergischen Land. Wir hoffen schwer, dass diese emanzipatorische Bewegung auch gleich in der Tanzrevue zur Geschichte des Ruhrgebiet vorkommt… Auch wenn die Kämpfe der Roten Ruhrarmee und die Streiks der Arbeiterschaft für eine umfassende Sozialisierung und für einen wunderbaren Rätekommunismus in der offiziellen Geschichtskultur vergessen sind, sind die Forderungen des kurzzeitig kämpfenden Proletariats äußerst aktuell.
Wir wollen nicht im Staube kriechen vor denjenigen, die durch den Zufall ihrer Geburt sich ein Von-Oben-Herabblicken anmaßen dürfen.
Wir wollen nicht weiterhin besitzlose Proletarier sein, sondern wir verlangen Eigentumsrecht an den Produktionsmitteln.
Wir verlangen Eigentumsrecht an den von uns erzeugten Produkten.
Wir verlangen Eigentumsrecht an den Schätzen, die sich auf und unter der Erde vorfinden.
Wir verlangen das Paradies auf Erden und lassen uns nicht länger mit der Hoffnung auf ein besseres Jenseits abspeisen.
(Vollzugsrat der Arbeiter der Zeche Zollverein im März1920)
P.S. Wir sind das Feuer. Kämpft Freunde und Freundinnen. Im Gedenkjahr sind zahlreiche Veranstaltungen, historischen Spiele und Aufstände geplant. Achtet auf Ankündigungen….