Auch wenn die Fahrpreise dieses mal 17 Monate unverändert geblieben sind, so wurden seit dem Jahr 2000 regelmäßig mindestens einmal im Jahr (2006 sogar zweimal) die Preise erhöht. So sind in den letzten fünf Jahren beim VRR bei jeder Tariferhöhung die Preise um durchschnittlich 4-5 % angehoben worden. In erster Linie werden dabei diejenigen zur Kasse gebeten, die sich keine Monatskarten oder Mehrfachtickets leisten können. Das ist auch dieses mal der Fall.
Umverteilung von Unten nach Oben
Ausgelöst wurde die Preisexplosion durch die erhebliche Reduzierung der Landesleistungen für die kostenlose Beförderung Schwerbehinderter, den Schüler- und Ausbildungsverkehr sowie für die Fahrzeugförderung, die von 2000 bis 2005 eine Verminderung der Zuschüsse um fast 50 Millionen Euro jährlich zur Folge hatten.
Daneben stehlen sich zunehmend die Kommunen aus der Verantwortung für den öffentlichen Personennahverkehr. Sie ziehen es vor, die zur Verfügung stehenden Steuereinnahmen etwa in nutzlose Prestigeprojekte zu stecken, anstatt sie zur Verbesserung der Lebensqualität aller Menschen einzusetzen. Obwohl die Einnahmen des VRR im letzten Jahr um satte 40 Millionen Euro gestiegen sind, droht der Vorstand bereits mit weiteren Preiserhöhungen „zur Entlastung der Kommunen“.
Die meisten Menschen sind aber auf öffentlichen Personennahverkehr angewiesen, um zur Arbeit zu fahren. Daher kommt jede Fahrpreiserhöhung einer indirekten Lohnsenkung gleich. Für Arbeitslose, Erwerbsunfähige, Flüchtlinge oder Geringverdiener kommt das einer Art von Hausarrest gleich.
„Sozialticket“
Für BezieherInnen von Hartz IV und Grundsicherung (Rentner und chronisch Kranke) sind monatlich 11,23 Euro für Fahrten mit Bus und Bahn vorgesehen. In diesem Budget sind mit einem Einzelticket der Preisstufe A noch nicht einmal drei Fahrten Hin- und Zurück (bzw. gerade einmal ein Viererticket) enthalten. Mehr ist da nicht drin!
Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung des VRR zum 1. Juni 2011 ein „Sozialticket“ für 22,50 Euro anzubieten unverschämt und zynisch. Während sich der überwiegende Teil der Anspruchsberechtigten dieses „Sozialticket“ also nicht leisten kann, werden die Fahrpreiserhöhungen für Einzel- und Mehrfachtickets sich umso mehr auswirken.
Mobilität ist ein Menschenrecht
Während Reise- und Bewegungsfreiheit als wertvollste Errungenschaften der existierenden Gesellschaftsordnung gefeiert werden, ist tatsächlich für Hunderttausende selbst eine Fahrt ins nächstgelegene Stadtzentrum fast unmöglich. Dabei ist Mobilität die Voraussetzung dafür, um etwa zu Behörden, zum Arzt oder zu Hilfs- und Beratungseinrichtungen zu gelangen. Natürlich auch, um die schönen Seiten des Lebens genießen zu können, Freunde zu besuchen, an Veranstaltungen teil zu haben oder einfach nur ins Grüne zu fahren. Jeder Mensch hat das Recht sich frei bewegen zu können.
Umsonstfahren
Da es vielen Menschen nicht mehr möglich ist die steigenden Fahrpreise zu bezahlen, sind sie geradezu zum „Schwarzfahren“ gezwungen. Viele Menschen sind aber auch nicht mehr bereit einen immer größeren Anteil ihres schrumpfenden Einkommens zur Verwirklichung ihres Rechtes auf Bewegungsfreiheit zu verschwenden. So hat sich die Anzahl der Umsonstfahrer laut „Verband Deutscher Verkehrsunternehmen“ in den vergangenen Jahren auf fünf Prozent verdoppelt – bei Schwerpunktkontrollen steigt die Anzahl sogar auf bis zu zehn Prozent.
Solche Beispiele individueller Überlebensstrategien wollen wir aufgreifen und zu gemeinsamer Aktion ermutigen. Gegen Ausgrenzung und Verelendung setzen wir unsere Solidarität.
Möglichkeiten gibt es genug: Wer z.B. auf seinem Fahrausweis Leute mitnehmen kann, sollte bereits an der Haltestelle versuchen Fahrgemeinschaften zu bilden und seine Bereitschaft durch das tragen des rotten Buttons signalisieren. Wenn der Fahrschein nach dem Aussteigen noch gültig bleibt, sollte er auf den Ticketentwerter gelegt werden, damit andere ihn benutzen können… Außerdem versichert etwa der Sprecher der Düsseldorfer Rheinbahn, Georg Schuhmacher, dass im Falle defekter Automaten selbstverständlich keine Verfolgung wegen „Beförderungserschleichung“ erfolge (WZ vom 25.5.2009).
Nulltarif
Wir fordern unser Recht auf Bewegungsfreiheit ein, sodass Mobilität nicht mehr als Ware gehandelt wird, sondern allen kostenlos zur Verfügung steht. Wir fordern Nulltarif!
Nur so kann allen Menschen eine Teilhabe am öffentlichen, sozialen und kulturellen Leben ermöglicht werden. Nur so können mehr Menschen veranlasst werden ihren privaten PKW stehen zu lassen und auf den öffentlichen Personennahverkehr umzusteigen. Dadurch wird die Umwelt besser geschützt und die Lebensqualität durch Verminderung von Stress, Lärm und Gestank deutlich erhöht werden.
Konkrete Beispiele für Nulltarif gibt es jedenfalls genug: Im belgischen Hasselt zum Beispiel wird Nulltarif in öffentlichen Verkehrsmitteln bereits über zehn Jahre mit großem Erfolg praktiziert und es spricht nichts dagegen, es auch hier zu versuchen.
Denn warum werden etwa Straßen für die kostenlose Nutzung durch den Autoverkehr mit Steuergeldern finanziert, während in öffentlichen Verkehrsmitteln Fahrpreise erhoben werden?
Alles für Alle
Wir laden euch ein, selber aktiv zu werden – selber umsonst zu fahren oder UmsonstfahrerInnen zu unterstützen. Ab jetzt nehmen wir uns was wir brauchen: Bus und Bahn für alle, und zwar umsonst!
Wir haben es satt um kleine Zugeständnisse zu bitten – Wir nehmen uns einfach unser Recht auf Mobilität ohne dafür zu zahlen. Und das nicht heimlich, still und leise, sondern offen und laut, denn es gibt nichts wofür wir uns schämen müssten. Wir holen uns nur das zurück was uns sowieso gehört.
Alles für Alle, und zwar umsonst!
Nulltarif sofort!
Kampagneninfos, Tipps und Tricks zum “Schwarzfahren” auf nulltarif.blogsport.de.