In der Einladung heißt es:
Wir laden euch ein zu einer NRW-weiten Vollversammlung für autonome Politik am 01.08.2010 um 14.00 Uhr, die Aktivist_innen aus einem breiten autonomen Spektrum ansprechen soll:
NRW-weite kontinuierliche Treffen gibt es in einer (zumindest halbwegs) offenen Form nur noch innerhalb der einzelnen Themenfelder autonomer Politik. Antifas treffen Antifas, Antiras treffen Antiras usw. Den Sinn dessen wollen wir nicht absprechen, aber wir denken, es ist wichtig, diese Themenfelder wieder mehr miteinander zu vernetzen.
Politische Gruppen und Einzelpersonen, die ein autonomes Selbstverständnis haben, arbeiten oft vereinzelt und isoliert in ihren Themenfeldern, zu ihren politischen Prioritäten. Dass die autonome Bewegung so ausdifferenziert ist, dass eine Spezialisierung stattgefunden hat, dass jeder der vielen Kämpfe sich spezifisches Wissen aneignete und produzierte, all das ist nur gut so. Wenn wir es aber nicht schaffen, uns aufeinander zu beziehen, die Differenz zu nutzen, werden wir zu vielen kleinen Ein-Punkt-Bewegungen und verpassen eine riesige Chance: Die Chance, uns auf einer solidarischen Basis zu vernetzen, jeweils von dem Wissen der anderen zu profitieren.
Viel zu oft werden Kämpfe gegen unterschiedliche Unterdrückungsverhältnisse gegeneinander ausgespielt und dabei erstens negiert, dass Unterdrückungsverhältnisse sich gegenseitig bedingen, und zweitens nicht beachtet, dass – geht es um radikale Gesellschaftskritik – eine Zurückweisung des einen nichts bringt, wird nicht auch das andere bekämpft. Das heißt eben nicht, dass wir alle zu allem arbeiten müssen. Jede_r hat eigene politische Prioritäten. Bei einer Vernetzung geht es nicht darum zu vereinheitlichen, den einen genialen Schwerpunkt, die beste Kampagne oder die ultimative politische Notwendigkeit zu konstatieren. Es geht nicht um Zentralismus oder parteiähnliche Strukturfindung. Viele von uns kennen sich, sehen sich auf Aktionen, auf Veranstaltungen. Uns geht’s darum, diese Kontakte auf- oder auszubauen.
Es soll ein Forum geschaffen werden, in dem Erfahrungen ausgetauscht und auch kritische Auseinandersetzungen solidarisch auf gemeinsamer politischer Grundlage geführt werden können. Wir wollen miteinander statt übereinander reden und weg von einer Kritikkultur, die im schlimmsten Fall über Indymedia konstatiert, was woanders scheiße läuft. Es geht um eine Stärkung unserer Bewegung(en). Wir glauben, dass mit regelmäßigen Treffen an verschiedenen Orten Bezüge hergestellt werden, jenseits der „eigenen“ Zusammenhänge und jenseits freundschaftlicher zufälliger Verbindungen. Aus vielen kleineren Städten und aus Dörfern hören wir oft, dass es unheimlich schwer ist, Kontakte zu knüpfen, selbst für organisierte Gruppen, gerade in den Städten, in denen es keine linken Zentren gibt. Für Menschen, die nicht in Gruppen organisiert sind, sind die Schwierigkeiten sicher noch mal größer. Öffentliche autonome VVs können Anlaufpunkte sein für viele nicht überregional organisierte, und sie können dabei helfen, autonome Politik in NRW (wieder) zu einer kontinuierlichen, öffentlich wahrgenommenen politischen Kraft zu machen.
Die Idee zu dieser VV entstand auf dem Autonomiekongress in Hamburg 2009, auf dem mehr als deutlich wurde, dass solche Treffen viel öfter stattfinden sollten. Aus diesem Grund entschlossen wir uns, diese VV zu initiieren, mit der Hoffnung, dass diese zum Selbstläufer wird. „Wir“ sind das autonome Regioplenum Ruhrgebiet/Bergisches/Rheinland, das sich seit 1995 regelmäßig trifft. Wir kommen aus verschiedenen Themenfeldern, aus dem Antirassismus, dem Feminismus, dem Antifaschismus, aus antikapitalistischen Widerständen gegen Prekarisierung, dem Antimilitarismus, aus der Anti-Atom Bewegung, dem Internationalismus. Uns eint dabei ein autonomes Selbstverständnis, ein ähnlicher Politikansatz und der Wille, zusammen solidarisch zu agieren.
Dieses Selbstverständnis beinhaltet eine Politikform im Sinne sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit, die außerhalb bürokratischer Parteien- und Gewerkschaftsapparate stattfindet, ein Selbstverständnis in Ablehnung des kapitalistischen, patriarchalen Systems, der Staatlichkeit und aller anderen Formen der Unterdrückung. Dabei wollen und können wir uns nicht ins „Außen“ stellen, es geht auch um die Bereitschaft, politische Ansprüche auf uns selbst zu beziehen. Wir verstehen uns als Teil einer Bewegung, die auf Selbstbestimmung fokussiert, auf individuelle und kollektive Freiheit, auf einen Kampf um politische, ökonomische und kulturelle Autonomie. Wir wehren uns gegen alle staatlichen Versuche der Vereinnahmung, gegen Vereinheitlichung und Ideologisierung und gegen jedwede Normierungsversuche auch autoritärer linker Organisationen.
In diesem Sinne laden wir euch ein zur Vollversammlung für autonome Politik am 01.08.2010 um 14.00 Uhr ins AZ Wuppertal, Markomannenstraße 3.
Weitere Infos und Mobi-Material auf autonomepolitiknrw.blogsport.eu.